Aufgrund der hohen Zahl von Psychopharmaka mit anticholinergen Potenzial besteht bei Patienten, die Psychopharmaka einnehmen, ein erhöhtes Risiko für anticholinerge unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAWs). Das Ziel dieser Studie war es, die Prävalenz und Art von pharmakodynamischen Anticholinergika-Arzneimittel-Wechselwirkungen bei psychiatrischen Patienten zu analysieren. Anticholinerge Belastung durch Medikamente wurde basierend auf der aktuellen Literatur als „stark“ oder „mäßig“ definiert. Anzahl und Art der Anticholinergika wurden bewertet.
Insgesamt wurden 27.396 Patientenfälle (45,6 % weiblich) mit einem Durchschnittsalter von 47,3 ± 18,3 Jahren eingeschlossen. 17,4 % (n=4760) der Patienten waren ≥ 64 Jahre. 35,4 % der Patienten erhielten gleichzeitig zwischen einem und vier Anticholinergika. Eine Kombination aus Medikamenten mit anticholinergen Potenzial wurden in 1738 Fällen (6,3%) nachgewiesen. Die meisten verschriebenen Medikamente waren Promethazin (n=2996), Olanzapin (n = 2561), Biperiden (n = 1074) und Doxepin (n = 963). Patienten, die anticholinerge Kombinationen erhielten, waren jünger (45,7 vs. 47,4 Jahre, p < 0,01) und hatten einen längeren stationären Aufenthalt (Median 18 vs. 26,5 Tage, p < 0,001).
Der Konsum von Anticholinergika in der Psychiatrie ist hoch. Weitere Anstrengungen müssen sich darauf konzentrieren, die Anticholinergika-Rate zu reduzieren und anticholinerge Substanzen insbesondere bei älteren Menschen möglichst gering einzusetzen. Anticholinerge UAW können verhindert werden, indem Hochrisikomedikamente sowie Kombinationen anticholinerger Substanzen vermieden werden. Das Ersetzen von trizyklischen Antidepressiva und anticholinerger Antihistaminika der ersten Generation (z.B. Promethazin) durch Medikamente mit niedrigerem anticholineren Potenzial und die Vermeidung von Biperiden könnten 59,3 % der Verschreibung von Anticholinergika reduzieren.